Interview
Die Zukunft der Radiologie aus studentischer Perspektive
Künstliche Intelligenz, modernste Technologie und interdisziplinäre Zusammenarbeit: Was bewegt Medizinstudierende heute, sich für die Radiologie zu entscheiden? Auf dem Europäischen Radiologiekongress (ECR) in Wien trafen wir zwei angehende Mediziner der Universität Aachen. Fadi Matar, der nach seiner Famulatur an der Uni Wien im Frühjahr 2025 sein Praktisches Jahr beginnt, und Johannes Wörsdörfer, der bereits sein zweites Staatsexamen absolviert hat und sein PJ in der Radiologie am Uniklinikum RWTH Aachen durchführt. Im Interview berichten die beiden von ihrem Weg in die Radiologie, geben Einblicke in ihre Ausbildung und diskutieren, wie sie die Zukunft des Fachgebiets im Zeitalter der KI einschätzen.
Ihr beide habt euch entschieden, eure Ausbildung mit einem Fokus auf Radiologie zu gestalten – Johannes bereits im PJ in Aachen und Fadi kurz davor. Was hat euch ursprünglich zu diesem faszinierenden Fachgebiet hingezogen? War es schon immer euer Berufswunsch, Radiologe zu werden?
Johannes Wörsdörfer(li.) und Fadi Matar Johannes WörsdörferFadi Matar: Ich habe mir ehrlich gesagt nie vorgestellt, in die Radiologie zu gehen. Ich habe mir immer vorgestellt, Allgemeinmediziner zu werden. Bis ich dann einen Kurs von Sebastian Reinartz im fünften Semester besucht habe. Das war ein sehr interaktiver Kurs auf der Plattform conrad. Herr Reinartz hat so anschaulich gezeigt, wie interdisziplinär die Radiologie ist und dass man als Radiologe sich mit fast allen Organsystemen des menschlichen Körpers befassen und zum Teil sehr gut auskennen muss. Das war der Grund, warum ich mich schon in früheren Semestern für Radiologie begeistert habe und mich auch jetzt im PJ dafür entschieden habe.
Johannes Wörsdörfer: Ich bin durch eine Famulatur auf die Radiologie aufmerksam geworden. Im Studium hatte ich die Radiologie als ein zentrales Fach in der Diagnostik und auch in der Therapie von Patientinnen und Patienten kennengelernt. Ich wollte mir das Fach daher einfach mal anschauen, um auch besser für radiologische Bilder in Prüfungen gewappnet zu sein. Die Famulatur hat mir dann so viel Spaß gemacht, dass ich nachgefragt habe, wie man noch mehr über das Fach erfahren kann. Damals wurde ich auf das "Hellste-Köpfe-Stipendium" aufmerksam gemacht.
Was mich an der Radiologie begeistert, ist das enorme Spektrum an Krankheitsbildern aus allen medizinischen Disziplinen. Zudem habe ich die Radiologie als das Fach kennengelernt, in dem Künstliche Intelligenz aktiv vorangetrieben wird. Besonders fasziniert mich hier auch die technische Seite: Mit modernsten Geräten wie CT, MRT und Ultraschall zu arbeiten, macht die Radiologie für mich besonders spannend.
Neben dem 'Hellste-Köpfe-Programm' und der universitären Lehre - was hat dir sonst noch geholfen, dein Praktisches Jahr in der Radiologie zu meistern?
Johannes Wörsdörfer: Ins Praktische Jahr zu starten war aufregend. Ich wusste nicht so richtig, was mich erwartet. Was mir geholfen hat, war die Vorbereitungsreihe "Fit fürs PJ" vom Forum Junge Radiologie. Die hatten hilfreiche Videos zu Themen wie "Wie geht man an einen Röntgen-Thorax ran?" oder "Wie verhalte ich mich in der Interventionellen Radiologie?". Das hat die Aufregung der ersten Tage genommen und ich habe mich besser vorbereitet gefühlt, sodass ich mich schon in den ersten Wochen an eigene Befunde herantasten konnte.
Und bei dir, was hilft dir bei der Vorbereitung auf das Praktische Jahr in der Radiologie?
Fadi Matar: Ja, die genannte Videoreihe ist super. Aber ich zehre auch noch immer von der Lehre an meiner Heimatuni: Vor allem haben mir im Rahmen meines Studiums die interaktiven Kurse geholfen. Zum Beispiel war ein Kurs von Sebastian Reinartz so konzipiert, dass man interaktiv einen radiologischen Befund oder eine radiologische Diagnose trifft. Das Kurskonzept "RadFlix" – eine Anspielung auf Netflix – erschien jeden Freitagabend mit einer neuen Episode mit Fokus auf ein Organgebiet. Man ging durch die Modalitäten: Wie kommt ein CT-Bild zustande? Was sind Hounsfield Units? Dann folgten Anamnese und diagnostische Werkzeuge, die der Radiologe in seinem Klinikalltag zur Verfügung hat. Am Ende gab es die endgültige Diagnose als Multiple Choice, gefolgt von Erläuterungen zur Diagnose und was in der Bildgebung zu beachten ist. Diese interaktiven Kurse und quasi "Learning by doing" fand ich am hilfreichsten.
Wie seht ihr als Studierende die Zukunft der Radiologie im Zeitalter der KI? Habt ihr Bedenken, dass eure künftige Berufsrealität stark von dem abweichen könnte, was ihr derzeit lernt?
Fadi Matar: Einige meiner Freunde haben tatsächlich aus diesem Grund von der Radiologie abgeraten. Man hört viele Menschen darüber spekulieren. Ich persönlich bin der Meinung, die KI wird eine sehr große Hilfe für uns Radiolog:innen sein. Der menschliche Körper ist so unterschiedlich mit physiologischen Normvarianten, von denen es unzählige gibt, ganz zu schweigen von Voroperationen und so weiter. Deswegen finde ich unsere Rolle als Radiologen unentbehrlich in Bezug auf die KI. Vielmehr sehe ich die KI als große Hilfe für unseren Alltag als Radiologen.
Johannes Wörsdörfer: Bei mir war die KI mit einer der Gründe, die mich an der Radiologie interessiert haben. Bei der Studienwahl habe ich auch ein Auge auf die Informatik als Alternative zur Medizin geworfen. Ich interessiere mich neben Medizin auch sehr für Technik, so auch KI und würde mich freuen, wenn ich das später irgendwie verknüpfen könnte. Die Radiologie nutzt moderne Technik und KI, um die Medizin voranzutreiben. Mein Eindruck ist, dass wir in Zukunft mehr oder weniger darauf angewiesen sein könnten, um eine wirklich hochwertige Patientenversorgung in der Radiologie sicherzustellen.
Zum Abschluss: Was wünscht ihr euch von der Deutschen Röntgengesellschaft zur Unterstützung eurer Ausbildung und eures beruflichen Werdegangs?
Fadi Matar: Ich persönlich wünschte mir mehr interaktive Kurse, wo man Hand in Hand mit Expert:innen befunden, selbst besprechen kann, durch den Befund selbst scrollen kann – wie gesagt, Learning by doing.
Johannes Wörsdörfer: Als Medizinstudent würde ich mir wünschen, dass sich die DRG noch mehr dafür einsetzt, Radiologie ins Curriculum zu integrieren, insbesondere die allgemeine Radiologie und radiologische Anatomie. In meinem Fall war es eher Zufall, dass ich auf das Stipendium aufmerksam wurde. Es wäre großartig, wenn diese Angebote unter Studierenden präsenter wären, denn viele meiner Kommilitoninnen und Kommilitonen wissen kaum oder gar nicht von diesen Möglichkeiten.
Und als möglicher zukünftiger Arzt in der radiologischen Weiterbildung würde ich mir eine strukturierte und in Teilen standardisierte Fortbildung wünschen – eine Art Curriculum, das nicht nur fachliche Inhalte vermittelt, sondern auch den wissenschaftlichen und fachlichen Austausch zwischen radiologischen Kliniken fördert.
Vielen Dank für das Gespräch. Wir wünschen euch alles Gute auf eurem weiteren Weg.