INTERVIEW

Herausforderungen und Chancen für MTR

Anton S. Quinsten, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Deutsche Gesellschaft für Medizinische Technolog:innen für Radiologie (DGMTR), spricht im Interview über die aktuellen Herausforderungen und Chancen für Medizinische/r Technologe/Technologin für Radiologie (MTR). Von der Bedeutung der Work-Life-Balance über internationale Fachkräfte bis hin zu Künstlicher Intelligenz – welche Entwicklungen prägen die Branche und wie sieht die Zukunft des Berufs aus?

Der RÖKO DIGITAL startet: Was hält das DGMTR-Programm bereit?

Anton S. Quinsten: Traditionell ist es so, dass die DGMTR sowohl für den RÖKO DIGITAL als auch für den Deutschen Röntgenkongress in Präsenz das wissenschaftliche Programm für MTR mitgestaltet. Dabei achten wir darauf, einen ausgewogenen Mix an Themen zu präsentieren. Einerseits haben wir klassische Themen wie die Diagnostik und Intervention, andererseits legen wir einen großen Fokus auf moderne Entwicklungen wie den Einsatz künstlicher Intelligenz in der Radiologie, insbesondere im Tätigkeitsfeld der MTR. Es ist uns wichtig, dass sich MTR in allen Bereichen gut aufgehoben fühlen und sowohl bewährte als auch zukunftsweisende Inhalte präsentiert bekommen.

Anton S. Quinsten ist leitender MTR am Universitätsklinikum Essen und zudem als stellvertretender Vorstandsvorsitzender in der DGMTR tätig. Copyright: privat

Welche aktuellen Herausforderungen stehen im Fokus für MTR, und wie werden diese auf dem Kongress thematisiert?

Eine der größten Herausforderungen, mit denen wir konfrontiert sind, ist der anhaltende Fachkräftemangel. Es ist mittlerweile allgemein anerkannt, dass es sich um einen ernsthaften Mangelberuf handelt, was sogar von der Bundesagentur für Arbeit (BfA) bestätigt wurde. Um dem entgegenzuwirken, haben wir spezielle Vorträge vorbereitet. Zum einen geht es darum, wie wir junge Menschen für den Beruf begeistern können. Dazu haben wir verschiedene Initiativen ins Leben gerufen, wie Imagefilme, Informationskampagnen und Mentorenprogramme. Zum anderen setzen wir uns auch dafür ein, dass MTR, die bereits im Beruf sind, langfristig in ihrem Job bleiben. Hierbei spielt die Arbeitszufriedenheit eine zentrale Rolle. Wir thematisieren beispielsweise, wie man ein gesundes Arbeitsumfeld schafft, die mentale Gesundheit fördert, Stress reduziert und die Work-Life-Balance verbessert. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Kommunikation – sowohl innerhalb des Teams als auch im Umgang mit Patient:innen sowie deren Angehörigen. MTR stehen oft an vorderster Front und müssen nicht nur technische, sondern auch zwischenmenschliche Kompetenzen mitbringen.

Wie hat sich die Bedeutung der Work-Life-Balance für MTR verändert, und welche Unterstützung bietet die DGMTR?

Das ist ein essenzielles Thema. Gerade für junge Kolleginnen und Kollegen, die in den Beruf einsteigen, ist es wichtig, eine gute Balance zwischen Berufs- und Privatleben zu finden. Unser Beruf kann fordernd sein, insbesondere durch Schichtarbeit und hohe Verantwortung. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass MTR sich nicht nur fachlich weiterentwickeln können, sondern auch ein Umfeld vorfinden, in dem sie langfristig motiviert und gesund arbeiten können. Dazu gehören flexible Arbeitszeiten, moderne Arbeitsbedingungen, Fort- und Weiterbildungen im Bereich der mentalen Gesundheit und ein starkes Gemeinschaftsgefühl im Team.

Wie plant die DGMTR, internationale Fachkräfte zu gewinnen und zu integrieren?

Wir haben intensiv darüber diskutiert, welche Möglichkeiten es gibt, um unseren Beruf attraktiver zu gestalten. Ein wichtiger Ansatz ist es, nicht nur Nachwuchs in Deutschland zu fördern, sondern auch qualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland zu gewinnen. Dafür arbeiten wir an verschiedenen Konzepten. Zum einen möchten wir den Anerkennungsprozess für internationale MTR vereinfachen, damit sie schneller in Deutschland Fuß fassen können. Zum anderen entwickeln wir gezielte Programme, um internationale Fachkräfte zu akquirieren und sie in unsere Strukturen zu integrieren. Wir als DGMTR möchten als zentrale Anlaufstelle für die internationalen MTR werden. Neben der Akquise von internationalen Mitarbeiter:innnen setzen wir auf neue Technologien wie das Remote Scanning, um die Effizienz zu steigern und den Personalmangel zu überbrücken.

Würden Sie bitte auf das Remote Scanning näher eingehen?

Remote Scanning ist eine spannende Technologie, die das Potenzial hat, den Fachkräftemangel abzumildern. Die Idee dahinter ist, dass ein/e MTR von einem zentralen Standort aus mehrere MRT-Untersuchungen gleichzeitig durchführen kann – unabhängig davon, wo sich die Geräte oder Patient:innen befinden. Das bedeutet, dass wir effizienter arbeiten können und Engpässe in der Versorgung verringern. Natürlich gibt es hier noch Herausforderungen, insbesondere im Hinblick auf den direkten Patient:innenkontakt. Zu der Aufgabe der MTR gehören neben der Bildakquise die Patient:innenbetreuung am Gerät, die oft Angst haben oder unsicher sind. Deshalb ist es wichtig, einen sinnvollen Mittelweg zu finden, bei dem wir die Vorteile der Technologie nutzen, ohne die persönliche Betreuung aus den Augen zu verlieren. Dies kann durch eine Personalrotation ermöglicht werden, die den MTR ermöglicht sowohl remote als auch Patient:innenbetreuer:in vor Ort zu arbeiten.

Ein weiteres großes Thema ist künstliche Intelligenz. Welchen Einfluss hat sie auf den MTR-Beruf?

Die Entwicklung der künstlichen Intelligenz in der Radiologie ist disruptiv und wird unseren Beruf grundlegend verändern. Internationale Berufsverbände wie die Society of Radiographers (SoR) oder American Society of Radiologic Technologists (ASRT) haben bereits Positionspapiere und wissenschaftliche Arbeiten veröffentlicht, die aufzeigen, wie KI in Zukunft den MTR Beruf beeinflussen wird und wie wir uns als Berufsstand sich darauf vorbereiten müssen. Wir müssen uns darauf einstellen und neue Kompetenzen aufbauen, insbesondere im Bereich der Informationstechnologie und KI-gesteuerten Prozesse. Gleichzeitig bietet KI aber auch Chancen: MTR können sich stärker auf qualitätsrelevante und patient:innenzentrierte Aufgaben konzentrieren. In diesem Zusammenhang bieten wir auf dem Deutschen Röntgenkongress erstmals einen speziellen KI-Workshop für MTR an. Die Plätze sind begrenzt. Daher lohnt es sich schnell anzumelden.

Wenn Sie einen jungen Menschen, der gerade die Schule beendet, für den MTR-Beruf begeistern wollten – was würden Sie ihm oder ihr sagen?

Ich würde betonen, dass der MTR-Beruf eine faszinierende Kombination aus Medizin, Technologie und sozialem Engagement bietet. Man arbeitet mit modernster Bildgebung, trägt zur Diagnostik von Erkrankungen bei, assistiert bei Interventionen und hat gleichzeitig engen Kontakt zu Patient:innen. Außerdem ist es ein Beruf mit Zukunft, der durch technologische Innovationen immer spannender wird. Schüler, die sich für die Medizin interessieren, mit modernste Medizintechnik arbeiten möchten oder Informationstechnologie wie z. B. Künstliche Intelligenz einsetzen möchten um Patient:innen zu untersuchen, denen rate ich den MTR Beruf zu wählen.

Herr Quinsten, haben Sie Dank für das Gespräch.

Weitere Informationen zum Programm der DGMTR finden Sie hier: 106. Deutschen Röntgenkongress | #RÖKO2025