Die Krankenhausreform geht an den Start

Ein Beitrag von Prof. Dr. Johannes Wessling, Co-Vorsitzender der DRG-Vorstandskommission Krankenhausreform und Ambulantisierung.

Die Krankenhausreform kommt, das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) wird am 1. Januar 2025 in Kraft treten. Mit dem Ende der Ampel-Regierung ist jetzt allerdings zu befürchten, dass sich die für die praktische Umsetzung dringend notwendigen Detailarbeiten zum Gesetz verzögern. Die DRG und die radiologischen Organisationen werden sich auch weiterhin beharrlich in den weiteren Prozess einbringen und Überzeugungsarbeit auf allen politischen Ebenen leisten. 

Der Rahmen steht, jetzt geht es um die wichtigen Details

Bis zum Schluss wurde verhandelt und geschachert, gedroht und gewarnt. Das Abstimmungs- verhalten der Länder im Bundesrat war bis zum Schluss offen. Interessierte Beobachter waren Zeugen eines Politkrimis, der in der Länderkammer seinesgleichen sucht. Begleitet von Eklats und handfesten Abstimmungsüberraschungen hat der Bundesrat in seiner Sitzung am 22.11.2024 das KHVVG dann aber doch passieren lassen. Allen Beteiligten war gleichwohl bewusst, dass das Gesetz zwar den Rahmen für eine Neustrukturierung der Krankenhauslandschaft setzt, die Arbeit aber damit noch nicht getan ist. 

Prof. Dr. Johannes Wessling, Co-Vorsitzender der DRG-Vorstandskommission Krankenhausreform und Ambulantisierung Denn jetzt gilt es diesen Rahmen praxistauglich auszufüllen, und dazu sind noch wichtige Fragen zu klären: Wie soll der Transformationsfond ausgestaltet werden? Die Herkunft der finanziellen Mittel bleibt weiter umstritten, sie werden aber benötigt, um die anstehenden Restrukturierungen zu finanzieren, mindestens aber finanziell zu flankieren. Wie sollen die einheitlichen Qualitätskriterien und die Mindestfallzahlen aussehen? Die werden nämlich darüber entscheiden, ob einer Klinik bestimmte Leistungsgruppen mit entsprechender Vorhaltevergütung zugewiesen werden.

Antworten auf diese Fragen sollen drei dem Gesetz folgende Rechtsverordnungen des BMG geben, für die allerdings eine aktive Zustimmung im Bundesrat erforderlich sein wird. Die inhaltliche Entwicklungsarbeit dürfte deshalb alles andere als einfach sein: So soll die Weiterentwicklung von Leistungsgruppen und deren Qualitätsmerkmalen in einem vom BMG einzurichtenden Ausschuss gemeinsam mit den Ländern, Vertretern des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen einerseits und Vertretern der Krankenhäuser, der Ärzteschaft, der Pflegeberufe und der Hochschulmedizin andererseits erfolgen. Angesichts der für Februar 2025 angesetzten Bundestagswahlen ist derzeit noch unklar, wann diese wichtigen Konkretisierungen erarbeitet und rechtskräftig werden können.

Fachlichen Anforderungen Gehör verschaffen

Im gesamten Jahresverlauf 2024 erwies sich das Reformvorhaben von Bundesminister Lauterbach als hoch umstritten. Zwischen den beanspruchten Regelungskompetenzen des Bundes und der Planungshoheit der Länder drohte das gesamte Projekt zerrieben zu werden. Das hatte einen Preis: Politische Aspekte dominierten die Auseinandersetzungen, wissenschaftlich und fachlich begründete Anforderungen gerieten ins Abseits und fanden bisweilen kaum mehr Gehör. Dieser Webfehler der Reform dürfte sich noch als Bumerang erweisen, sofern es nicht gelingt, im weiteren Prozess noch entsprechende Korrekturen durchzusetzen.

Von Beginn an hat sich die DRG mit eigener Stimme unter dem Dach der AWMF für eine regelhafte Einbindung wissenschaftlich-fachlicher Interessen eingesetzt. Insbesondere bei der Strukturierung der Leistungsgruppen – eng orientiert am Vorbild NRW – haben die Fachgesellschaften ihre Bedenken deutlich gemacht und eigene Lösungsvorschläge unterbreitet. Die DRG hat darüber hinaus in bilateralen Gesprächen mit den politisch Verantwortlichen in Bund und Ländern die eigenen Positionen und konkreten Vorschläge zur angemessenen Berücksichtigung der Radiologie in der Leistungsgruppen-Systematik verdeutlicht: Keine Gerätevorhaltungen ohne die Vorhaltung entsprechend qualifizierter Fachärzte, perspektivische Einführung eines eigenständigen Leistungsbereichs Radiologie mit drei Qualitätsstufen in der interventionsradiologischen Leistungserbringung. Ebenso wie andere Fachdisziplinen müssen wir allerdings nüchtern zur Kenntnis nehmen, dass auch fachlich gut begründete Argumente in der politischen Auseinandersetzung, zumindest zum Start der Reform, keine Berücksichtigung finden.

Daraus ziehen wir Konsequenzen: Es wird jetzt v. a. darauf ankommen, in der fortlaufenden Weiterentwicklung bestehender Leistungsgruppen auf die Berücksichtigung fachlicher Anforderungen zu insistieren. Wir suchen darüber hinaus das Gespräch mit den verantwortlichen Akteuren in den Bundesländern und werden auf eine adäquate Abbildung radiologischer Leistungen im Gesamtsystem der Leistungsgruppen hinwirken. Die DRG ist in diesem Zusammenhang auch offen für „Brückenlösungen“, wie wir sie bereits Ende 2023 gemeinsam mit der DGG und DGA vereinbaren konnten. Für die wichtige Leistungsgruppe „Gefäßmedizin“ haben wir die in der Versorgungsrealität gelebte interdisziplinäre Aufstellung und Leistungserbringung der gefäßmedizinischen Fachdisziplinen in einem konkreten Strukturierungsvorschlag dokumentiert.

DRG-Vorstandskommission: Die Arbeit geht weiter

Die vom DRG-Vorstand eingesetzte Kommission zur Begleitung und Mitgestaltung der Krankenhausreform sowie der damit einher gehenden Ambulantisierungspfade vereint alle Perspektiven und Teilgebiete der Radiologie. Diese gemeinsame Stimme ist eine zentrale Voraussetzung, um den Interessen und Positionen der Radiologie Gehör zu verschaffen; eine Erfolgsgarantie ist dies gleichwohl nicht. Solange politische Interessen das Geschehen bestimmen, werden die fachlichen Belange nur mit überzeugend, ausdauernd und beharrlich vorgetragenen Argumenten eine Chance haben. Daran arbeiten wir weiter.