INTERVIEW
Schmerzbehandlung: Mehr Lebensqualität durch radiologische Verfahren
Schmerzen sind eine Volkskrankheit. In Deutschland leiden 12 bis 15 Millionen Menschen an länger andauernden oder wiederkehrenden Schmerzen, vier bis fünf Millionen sind deshalb stark beeinträchtigt. Aufgrund dieses Vorkommens ist „Schmerz“ auch ein Thema für die Radiologie und bildet auf dem 105. Deutschen Röntgenkongress einen der Schwerpunkte. Über das Thema haben wir mit Professor Philipp Paprottka gesprochen. Professor Paprottka ist Chefarzt der Interventionellen Radiologie am Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Interventionelle Radiologie und minimal-invasive Therapie DeGIR.
DeGIR-Präsident Professor Philipp Paprottka © DRGHerr Professor Paprottka, warum ist das Thema Schmerzbehandlung so wichtig?
Prof. Paprottka: Das lässt sich einfach beantworten: Schmerz betrifft viele Menschen und beeinflusst ihre Lebensqualität sehr negativ. Das Leiden der Betroffenen ist groß. Deswegen ist es wichtig, dass man den Patientinnen und Patienten etwa bei chronisch-degenerativen Erkrankungen genauso wie bei Tumorerkrankungen etwas anbietet, um den Schmerz im besten Fall zu beseitigen oder zumindest zu lindern, um so eine höhere Lebensqualität zu erreichen.
Sie werden auf dem 105. Deutschen Röntgenkongress über „Facetten der radiologischen Schmerzbehandlung“ referieren. Welche Facetten sind wichtig?
In meinem Vortrag wird es um die Vielfalt interventionell-radiologischer Schmerztherapien gehen. Dabei denken die meisten Kollegen und Kolleginnen an die Periradikuläre Therapie und Facettengelenksinfiltrationen. Ich möchte aber auch weitere speziellere Therapien vorstellen: Knochenmetastasen etwa werden mit einer Kombination aus Radiofrequenzablation, Vertebroplastie, Infiltrationen und Strahlentherapie behandelt, was zu Schmerzfreiheit führt. Bei Patientinnen und Patienten mit Pankreaskarzinom im palliativen Setting und starken Schmerzen kann man die Nervenfasern mit interventionellen Methoden ausschalten, um Betroffene in den letzten Monaten schmerzfrei zu bekommen. Wir können mittlerweile viele Therapien anbieten. Wichtig ist aber natürlich auch, den Patientinnen und Patienten zuzuhören, mit ihnen zu reden und mit ihnen über den Eingriff, seinen Ablauf und weiteres zu sprechen. Es geht nicht nur um das Technische.
Könnte die Schmerzbehandlung durch den Einsatz von KI verbessert werden?
Ja. Durch den Einsatz von KI kann man die Diagnostik schneller, besser und effektiver machen. Bei den interventionellen Verfahren sehen wir z.B. einen Fortschritt durch die Weiterentwicklung der Großgeräte, aber auch durch die Verbesserung der Navigation, der Fusionssysteme sowie der Assistenzsysteme zur Steuerung der Eingriffe. Ein Beispiel ist hier die Angio/CT, bei der man die Computertomografie mit der Angiografie kombiniert, sodass man die 3D-Informationen der CT auch in der Angiografie zur Verfügung hat.
Was sind die potenziellen Risiken bei der Verwendung bildgesteuerter Verfahren zur Schmerzbehandlung in der Radiologie?
Komplikationen hängen von der Art der Eingriffe ab. Man muss diese individuell bei jeder Patientin und jedem Patienten abklären, den Benefit gegen das Risiko abwägen und dann jeden Eingriff sorgfältig planen. Bei Schmerztherapien ist der Nutzen für die Patientin und den Patienten bezüglich der Lebensqualität in der Regel hoch und das Risiko gering. Meistens kommt es nur zu kleinen Einblutungen im Zugangsweg.
Welche Vorteile bieten bildgesteuerte Verfahren wie die CT oder die MRT in der Schmerzbehandlung?
Der Vorteil ist die Präzision. Für die meisten Schmerztherapien nutzen wir die Computertomografie zur Steuerung von Interventionen. Selbstverständlich wäre es wünschenswert, wenn man diese mittels Magnetresonanztomografie durchführen könnte, weil der Weichteilkontrast besser ist. Aber MRT-Interventionen sind weniger verfügbar und auch deutlich teurer. Aber durch die heutigen Fusionsmöglichkeiten kann man die Informationen der Magnetresonanz auch für CT-Interventionen nutzen.
Wie wirksam sind bildgesteuerte Schmerzbehandlungen im Vergleich zu traditionellen Methoden?
Natürlich kann man einige der Therapien, die wir anbieten, auch ohne Bildsteuerung durchführen. Da gibt es sehr erfahrene Kolleginnen und Kollegen, die das können. Ich persönlich bin aber davon überzeugt, dass die Therapieergebnisse besser sind, wenn man die Nadelspitze unter 3D-Sicht millimetergenau positionieren und die Verteilung des Therapeutikums in Echtzeit überwachen kann. Das wirkt sich meines Erachtens positiv auf die Therapieergebnisse aus.
Welche Fortschritte gibt es in der Radiologie bei der Entwicklung neuer Techniken zur Schmerzbehandlung?
In diesem Bereich ist vor allem die Weiterentwicklung der Großgeräte sowie der Navigations-Software-Systeme bemerkenswert. Beides führt zur Erweiterung und Verbesserung von Eingriffen und zu weniger Komplikationen. Daneben gibt es auch neue Verfahren, zum Beispiel die Gelenkimmobilisationen. Das heißt: Wenn Patientinnen oder Patienten Schmerzen in den Gelenken haben, können diese mithilfe von Partikeln therapiert werden. Mit dieser Methode können Betroffene, die oft schon das gesamte Spektrum an konservativen und operativen Behandlungen gegen Schmerzen ausgeschöpft haben, doch noch schmerzfrei bzw. Operationen verzögert werden.
Wie stellen Sie die Weiterbildung und Ausbildung zum Umgang mit Verfahren und Geräten sicher, die bei der Schmerzbehandlung eingesetzt werden?
Wir müssen zweigleisig fahren: Wir müssen die Jungen so aus- und weiterbilden, dass sie die komplexen Assistenzsysteme zukünftig bedienen können. Gleichzeitig müssen wir ihnen aber auch die Basis-Skills mitgeben, damit sie in der Lage sind, in Häusern, die vielleicht nicht über eine Maximalausstattung verfügen, Interventionen sicher durchzuführen.
DeGIR-Präsident Professor Philipp Paprottka © DRGHerr Professor Paprottka, warum ist das Thema Schmerzbehandlung so wichtig?
Prof. Paprottka: Das lässt sich einfach beantworten: Schmerz betrifft viele Menschen und beeinflusst ihre Lebensqualität sehr negativ. Das Leiden der Betroffenen ist groß. Deswegen ist es wichtig, dass man den Patientinnen und Patienten etwa bei chronisch-degenerativen Erkrankungen genauso wie bei Tumorerkrankungen etwas anbietet, um den Schmerz im besten Fall zu beseitigen oder zumindest zu lindern, um so eine höhere Lebensqualität zu erreichen.
Sie werden auf dem 105. Deutschen Röntgenkongress über „Facetten der radiologischen Schmerzbehandlung“ referieren. Welche Facetten sind wichtig?
In meinem Vortrag wird es um die Vielfalt interventionell-radiologischer Schmerztherapien gehen. Dabei denken die meisten Kollegen und Kolleginnen an die Periradikuläre Therapie und Facettengelenksinfiltrationen. Ich möchte aber auch weitere speziellere Therapien vorstellen: Knochenmetastasen etwa werden mit einer Kombination aus Radiofrequenzablation, Vertebroplastie, Infiltrationen und Strahlentherapie behandelt, was zu Schmerzfreiheit führt. Bei Patientinnen und Patienten mit Pankreaskarzinom im palliativen Setting und starken Schmerzen kann man die Nervenfasern mit interventionellen Methoden ausschalten, um Betroffene in den letzten Monaten schmerzfrei zu bekommen. Wir können mittlerweile viele Therapien anbieten. Wichtig ist aber natürlich auch, den Patientinnen und Patienten zuzuhören, mit ihnen zu reden und mit ihnen über den Eingriff, seinen Ablauf und weiteres zu sprechen. Es geht nicht nur um das Technische.
Könnte die Schmerzbehandlung durch den Einsatz von KI verbessert werden?
Ja. Durch den Einsatz von KI kann man die Diagnostik schneller, besser und effektiver machen. Bei den interventionellen Verfahren sehen wir z.B. einen Fortschritt durch die Weiterentwicklung der Großgeräte, aber auch durch die Verbesserung der Navigation, der Fusionssysteme sowie der Assistenzsysteme zur Steuerung der Eingriffe. Ein Beispiel ist hier die Angio/CT, bei der man die Computertomografie mit der Angiografie kombiniert, sodass man die 3D-Informationen der CT auch in der Angiografie zur Verfügung hat.
Was sind die potenziellen Risiken bei der Verwendung bildgesteuerter Verfahren zur Schmerzbehandlung in der Radiologie?
Komplikationen hängen von der Art der Eingriffe ab. Man muss diese individuell bei jeder Patientin und jedem Patienten abklären, den Benefit gegen das Risiko abwägen und dann jeden Eingriff sorgfältig planen. Bei Schmerztherapien ist der Nutzen für die Patientin und den Patienten bezüglich der Lebensqualität in der Regel hoch und das Risiko gering. Meistens kommt es nur zu kleinen Einblutungen im Zugangsweg.
Welche Vorteile bieten bildgesteuerte Verfahren wie die CT oder die MRT in der Schmerzbehandlung?
Der Vorteil ist die Präzision. Für die meisten Schmerztherapien nutzen wir die Computertomografie zur Steuerung von Interventionen. Selbstverständlich wäre es wünschenswert, wenn man diese mittels Magnetresonanztomografie durchführen könnte, weil der Weichteilkontrast besser ist. Aber MRT-Interventionen sind weniger verfügbar und auch deutlich teurer. Aber durch die heutigen Fusionsmöglichkeiten kann man die Informationen der Magnetresonanz auch für CT-Interventionen nutzen.
Wie wirksam sind bildgesteuerte Schmerzbehandlungen im Vergleich zu traditionellen Methoden?
Natürlich kann man einige der Therapien, die wir anbieten, auch ohne Bildsteuerung durchführen. Da gibt es sehr erfahrene Kolleginnen und Kollegen, die das können. Ich persönlich bin aber davon überzeugt, dass die Therapieergebnisse besser sind, wenn man die Nadelspitze unter 3D-Sicht millimetergenau positionieren und die Verteilung des Therapeutikums in Echtzeit überwachen kann. Das wirkt sich meines Erachtens positiv auf die Therapieergebnisse aus.
Welche Fortschritte gibt es in der Radiologie bei der Entwicklung neuer Techniken zur Schmerzbehandlung?
In diesem Bereich ist vor allem die Weiterentwicklung der Großgeräte sowie der Navigations-Software-Systeme bemerkenswert. Beides führt zur Erweiterung und Verbesserung von Eingriffen und zu weniger Komplikationen. Daneben gibt es auch neue Verfahren, zum Beispiel die Gelenkimmobilisationen. Das heißt: Wenn Patientinnen oder Patienten Schmerzen in den Gelenken haben, können diese mithilfe von Partikeln therapiert werden. Mit dieser Methode können Betroffene, die oft schon das gesamte Spektrum an konservativen und operativen Behandlungen gegen Schmerzen ausgeschöpft haben, doch noch schmerzfrei bzw. Operationen verzögert werden.
Wie stellen Sie die Weiterbildung und Ausbildung zum Umgang mit Verfahren und Geräten sicher, die bei der Schmerzbehandlung eingesetzt werden?
Wir müssen zweigleisig fahren: Wir müssen die Jungen so aus- und weiterbilden, dass sie die komplexen Assistenzsysteme zukünftig bedienen können. Gleichzeitig müssen wir ihnen aber auch die Basis-Skills mitgeben, damit sie in der Lage sind, in Häusern, die vielleicht nicht über eine Maximalausstattung verfügen, Interventionen sicher durchzuführen.
105. Deutscher Röntgenkongress: Fokus Schmerz und Schmerzbehandlung Die Themen Schmerz und radiologische Schmerzbehandlung gehören zu den Schwerpunktthemen auf dem 105. Deutschen Röntgenkongress. Auf der Veranstaltung „Der Schmerz - Sehen, Verstehen und Behandeln“ (Mittwoch, 08.05.2024, 14:30 bis 16:00 Uhr) referiert auch Prof. Philipp Paprottka. Weitere Referierende sind Professor Daniel Pöpping (Münster) und Professor Rupert Lanzenberger aus Wien. |