15 JAHRE AKADEMIE ONLINE
Die Erfolgsgeschichte eines innovativen Fortbildungsformats
„Warum immer lange Anfahrtswege in Kauf nehmen, wenn es auch online gehen müsste?“ dachten Prof. Dr. Martin Mack und Dr. Florian Mayer, als sie 2008 die Idee für ein innovatives Fortbildungsformat entwickelten, das es bis dato in der Radiologie noch nicht gab. Online sollte es sein, in kompakten, regelmäßigen Einheiten, mit praxisrelevanten Inhalten und der Möglichkeit zur Diskussion. Am Dienstag, den 4. November 2008, ging die erste Sendung unter dem Titel „Radiology comes home“ an den Start. Später wurde die Fortbildungsreihe dann in Akademie Online umbenannt und die Deutsche Röntgengesellschaft stieg in das Projekt ein. Wir haben uns mit Professor Mack, Partner in der Praxis „Radiologie München", über die Anfänge, Herausforderungen und die Entwicklung von Akademie Online unterhalten.
Professor Martin Mack © Andreas NestlAls das erste Webinar der Akademie Online gesendet wurde, dachte kaum jemand an Internet-basierte Fortbildung. Wie sind Sie auf die Idee gekommen?
Zu der Zeit sind die ersten Anbieter auf den Markt gekommen, die Livestreams angeboten haben, die für Internet-basierte Fortbildungen geeignet waren. Das war noch nicht so ausgereift wie heute bei Zoom etwa, aber man konnte schon damit arbeiten. Der zweite wichtige Punkt war, dass mein Kollege Florian Mayer und ich etwas Neues entwickeln wollten, was über die klassischen Präsenzfortbildungen hinaus ging. Wir hörten nämlich zunehmend, dass Mitarbeitende von Kliniken und Niedergelassene es oft nicht schafften, zu Präsenzveranstaltungen zu fahren, weil das zu zeitaufwändig und kostenintensiv war. Daher wollten wir Fortbildung online präsentieren.
Auf welche Resonanz sind Sie gestoßen, als Sie starteten?
Aller Anfang ist schwer. Wir hatten zu Beginn nur sehr wenige Teilnehmende. Über 20, 30 Leute haben wir uns schon richtig gefreut. Dabei mussten wir die Leute oft persönlich ansprechen und davon überzeugen, an den Veranstaltungen teilzunehmen. Die ersten Sessions habe ich selbst gehalten. Wir haben möglichst interessante Themen angeboten, um die Leute vor die Monitore zu locken. Trotzdem hat es lange gedauert, bis wir groß wurden, was auch die positive Folge von Mund-zu-Mund-Propaganda war. Es sprach sich herum, dass unsere Veranstaltungen gut waren.
Wie hat sich Akademie Online im Laufe der Jahre entwickelt und verändert?
Es hat zum einen technische Weiterentwicklungen gegeben. Wir haben die Plattformen und die Anbieter für Online-Fortbildungen im Laufe der Zeit drei Mal gewechselt. Zum anderen haben wir mit der Zeit verstanden, wie man internetbasierte Fortbildungen aufbaut und in sich strukturiert. Wichtig war auch, bei der Landesärztekammer Hessen durchzusetzen, dass sie CME-Punkte für unser Online-Fortbildungen vergibt. Die Kammer fremdelte anfangs sehr mit unseren Veranstaltungen. Als wir von Frankfurt nach Berlin gewechselt sind und die DRG die Akademie Online ab 2011 verantwortlich mit organisiert hat, hatten wir ähnliche Probleme. Erst nach zähen Verhandlungen gelang es uns, die Berliner Ärztekammer davon zu überzeugen, dass Online-Fortbildungen mindestens genauso hochwertig sind wie Präsenzveran¬staltungen.
Was sind für Sie die wichtigsten Meilensteine in der Entwicklung von Akademie Online?
Ein Meilenstein war, dass wir neben den ursprünglichen Fortbildungen für Ärztinnen und Ärzte auch temporär Fortbildungen für Studierende angeboten haben, also Vorbereitungskurse für das Staatsexamen mit dem Fokus auf der konventionellen Röntgendiagnostik. Auch sehr wichtig war die Entwicklung eines speziellen Programms für MTR. Der nächste Meilenstein waren die Einstimmungsfälle für Akademie Online. Diese stellen Professor Peter Pokieser und sein Team nun schon seit vielen Jahren zusammen, wobei Fälle präsentiert werden, bei denen die Teilnehmenden raten können. Danach gibt es einen strukturierten Vortrag und anschließend eine umfassende Diskussion. Zu den „strukturellen“ Meilensteinen zähle ich die Umstellung von den Einzeltickets auf Jahres-Abos und dass wir Instituts-Abos kreiert haben.
Mit welchen Herausforderungen hatten Sie bei Akademie Online zu kämpfen?
Es ist wie bei allem: Man braucht Durchhaltevermögen. Im Fall der Akademie Online muss man bereit sein, jeden zweiten Dienstag eine Sendung zu generieren. Dabei ist eine der Herausforderungen, Referierende zu finden, die eine Gruppe sehr unterschiedlicher Teilnehmender fortbilden können. Unsere Zuhörerschaft besteht aus MTR, Studierenden, Weiterbildungsassistentinnen und -assistenten, aber auch „alten Hasen“ sowie Fachärztinnen und -ärzten. Die Fälle und Vorträge müssen alle Teilnehmenden auf ihren unterschiedlichen Wissensniveaus abholen. Es ist auch herausfordernd, ein interessantes Programm für ein so unterschiedliches Publikum zusammenzustellen und überhaupt immer wieder spannende Themen zu finden. Dabei muss man „alte“ Themen mit aktuellen mischen. In Corona-Zeiten etwa haben wir eine COVID-Fortbildung angeboten, die selbst die Zoom-Plattform gesprengt hat, weil sich so viele Interessierte einloggen wollten.
Trotz starker Konkurrenz im Bereich radiologischer Online-Fortbildung verzeichnet die Akademie Online steigende Zahlen von Nutzenden. Wie erklären Sie sich den Erfolg?
Der entscheidende Faktor ist, dass die Sessions regelmäßig und zuverlässig stattfinden müssen und nicht nur ab und zu mal. Ich wage zu behaupten: Jede deutsche Radiologin und jeder deutsche Radiologe weiß, dass am Dienstagabend Akademie Online stattfindet, wie der Ablauf der Webinare ist, und dass wir ein Niveau bieten, das man im Vortragssaal in Präsenz selten so erlebt, insbesondere hinsichtlich der intensiven Diskussion und dem Austausch mit dem Referierenden am Ende der Fortbildung. Auch haben wir mit der DRG einen Veranstalter an der Seite, der eine enorme Reichweite in der radiologischen Community hat. Und: Wir schaffen es immer wieder, die besten Referierenden zu gewinnen. Für die meisten von ihnen ist der Akademie-Online-Vortrag der wichtigste des Jahres, in den sie die meiste Zeit in die Vorbereitung investieren. Niemand möchte sich vor 1.500 Teilnehmenden blamieren, deswegen sind die Vorträge auch immer topp vorbereitet.
Was bedeutet die Akademie Online für Sie persönlich, dass Sie nach 15 Jahren immer noch dabei und aktiv sind?
Akademie Online ist mein Baby, da hängt mein Herzblut dran. Ich habe zusammen mit Florian Mayer das Projekt entwickelt, es aufgebaut und zu dem gemacht, was es heute ist. Noch heute finde ich als Moderator und Referent die Sessions immer wieder spannend. Ich lerne noch immer viel dabei, indem ich die Fälle mit löse, mitdiskutiere und mit dem Publikum interagiere. Das macht wahnsinnig viel Spaß.
Schauen wir in die Zukunft: Wie sehen Sie die weitere Entwicklung der Akademie Online?
Wir hätten auch vor fünf Jahren nie gedacht, dass es überhaupt möglich sein könnte, die durchschnittlichen Teilnehmenden- und Abozahlen der Akademie Online weiter zu steigern, aber sie steigen kontinuierlich an. Das liegt auch daran, dass wir uns viele Gedanken darüber machen, wie wir Akademie Online kontinuierlich weiter verbessern können. Um diese Frage zu beantworten, sind die Rückmeldungen über unsere Evaluationsbögen Gold wert. Wir haben bei Akademie Online die einzigartige Situation, dass von sagen wir 1.500 Teilnehmenden im Nachgang bis zu 900 Personen die Evaluierungsbögen ausfüllen. So eine Rücklaufquote hat man bei kaum einer Präsenzveranstaltung. Wir werten die Bögen aus und diskutieren die Auswertungsergebnisse intensiv im Beirat von Akademie Online. In der Folge haben wir über die Jahre eine moderate Evolution des Akademie-Online-Programms durchgeführt und werden das auch künftig so handhaben. Vielleicht fällt uns aber irgendwann auch etwas völlig anderes ein, was die radiologische Fortbildung bereichern kann, so, wie es vor 15 Jahren die Online-Fortbildung gewesen ist. Für Vorschläge sind wir hier sehr offen.