Pressemitteilung Nationale Kohorte

Nationale Kohorte: Den Volkskrankheiten auf der Spur

Deutschlands größte Gesundheitsstudie, die Nationale Kohorte (kurz NAKO), untersucht im Verlauf der nächsten Jahre bundesweit 200.000 Frauen und Männer zwischen 20 und 69 Jahren –  ein in dieser Dimension bisher nicht dagewesenes Forschungsprojekt, auch für die Radiologie. Denn 30.000 Probandinnen und Probanden erhalten zusätzlich ein MRT. Ziel der Kohorte ist die detaillierte Erforschung der typischen Volkskrankheiten, um Prävention, Früherkennung und Behandlung von Krebs, Demenz, Diabetes & Co. zu verbessern.  Zu diesem Zweck wurde ein umfangreiches Studienprotokoll entwickelt, das neben medizinischen Untersuchungen und der Abfrage des Lebensstils auch sozioökonomische und psychosoziale Aspekte berücksichtigt. Auch Bioproben werden gesammelt.

„Es handelt sich damit um ein groß angelegtes interdisziplinäres Gesundheitsprojekt. Zusammen mit den Studienteilnehmenden wird es den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern gelingen, die Gesundheitssituation in Deutschland nachhaltig zu verbessern. Gemäß dem Motto der Studie „Gemeinsam forschen für eine gesündere Zukunft“, so Prof. Dr. Karl-Heinz Jöckel, Vorstandsvorsitzender des Vereins Nationale Kohorte e. V.

Bis Ende März haben bundesweit über 16.000 Bürgerinnen und Bürger an der Studie teilgenommen, an der MRT-Studie über 1.200 Teilnehmer. Die Nationale  Kohorte wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, den 14 beteiligten Bundesländern und der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren mit insgesamt 210 Millionen Euro finanziert. Davon entfallen rund 21 Millionen Euro auf den radiologischen Teil der Studie.

Highlight MRT

Die MRT-Untersuchung umfasst neben einer morphologischen Darstellung des Gehirns (T1w und FLAIR) auch eine fMRT. Weiterhin werden funktionelle kardiovaskuläre Sequenzen, eine native MRA des Thorax, Ganzkörper-DIXON-Sequenzen und eine T2-HASTE des Thorax und oberen Abdomens durchgeführt. Die MSK-Bildgebung umfasst eine sagittale T2 der Wirbelsäule sowie eine hochaufgelöste PD fs der ISG und der Hüftgelenke (siehe auch Box).


Die Bilder zeigen Beispiele des Ganzkörper-MRT-Protokolls der NAKO: (A) eine 3D MPRAGE des Gehirns für volumetrische Rekonstruktionen, (B) eine native Angiographie des Thorax, (C) 3- und 4- Kammerblick des Herzens mittels 2D CINE SSFP, (D) eine T1 DIXON Sequenz über den Oberkörper zur Fettdifferenzierung und (E) eine T2w TSE der gesamten Wirbelsäule. Außerdem im MRT Protokoll enthalten aber nicht dargestellt sind: Resting State fMRT und 2D FLAIR des Gehirns, MOLLI des Herzens,  PD-FS 3D der gesamten Hüfte, sowie T2 HASTE der Lunge und Multiecho-VIBE der Leber. (Copyright RSNA # Reprint permission)

Eine Herausforderung ist die Tatsache, dass die Untersuchung rein wissenschaftlich ausgerichtet ist und keine vollständige, organbezogene Untersuchung darstellt. Alle Untersuchungen werden von radiologischen Fachärzten nach vorgegebenen Algorithmen ausgewertet. Aufgrund der wissenschaftlichen Ausrichtung können keine medizinischen Diagnosen gestellt werden, und auch auffällige Befunde können meist nicht abschließend geklärt werden.

Analog dem Prinzip von Biobanken werden die gesammelten MRT Bilder ein gigantisches Imaging Biorepository bilden, das Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aller Disziplinen und aus der ganzen Welt für Forschungs-zwecke zur Verfügung steht. In Kombination mit den übrigen in der Studie erhobenen Daten werden wertvolle Erkenntnisse darüber erwartet, wie genetische Faktoren, Umweltbedingungen und Lebensgewohnheiten bei der Entstehung von Erkrankungen zusammenwirken. Vor allem die subklinischen Ergebnisse interessieren hierbei.

Der MRT-Teil der NAKO wird von einem interdisziplinären, wissenschaftlichen Konsortium, dem MR Imaging Core, unter der Leitung von Prof. Dr. Fabian  Bamberg (Universität Tübingen & LMU München) koordiniert. Der Imaging Core koordiniert die MRT Untersuchungen an den 5 MRT Studienzentren in allen Aspekten: TA Training, Studienmonitoring und allgemeine Koordination werden von  Prof. Bambergs Team an der LMU München unter der Leitung von Dr. Thomas Hendel betreut. Für einige Kernaufgaben des MR Imaging Core zeichnen weitere Experten verantwortlich: Für das MRT Datenmanagement wurden für die Studie neue und einzigartige Lösungen durch Fraunhofer MEVIS, Bremen (Prof. Matthias Günther) entwickelt. Fragen der Qualitätssicherung im multizentrischen und epidemiologischen Ansatz der NAKO betreut die Universitätsmedizin Greifswald (Prof. Dr. Henry Völzke und Prof. Dr. Norbert Hosten). Den ethisch höchst komplexen Umgang mit Zufallsergebnissen organisiert die Radiologie der Universitätsklinik Heidelberg (Prof. Hans-Ulrich Kauczor). ). Die Probandeneinwilligung, den probandenbezogenen Datenschutz und die dauerhafte Speicherung der MRT-Bilddaten obliegt dem zentralen Datenmanagement der Nationalen Kohorte (Prof. Dr. Wolfgang Hoffmann, Prof. Dr. Rudolf Kaaks). Die MRT-Untersuchungen werden an dezidiert für die Studie beschafften MRT-Scannern neuster Bauart (Skyra 3T Siemens, Erlangen) durchgeführt. Solche Scanner wurden an vier der insgesamt 18 NAKO Studienzentren bereits installiert: in Augsburg, Berlin, Essen und Neubrandenburg wurden bis dato bereits 1.250 Probanden untersucht. Im Herbst 2015 wird ein weiteres MRT-System in Mannheim den Betrieb aufnehmen. 


Positives Feedback

Das Resümee der Teilnehmenden  zu der etwa einstündigen Untersuchung  im MRT fällt meist positiv aus, trotz des zusätzlichen zeitlichen Umfangs der Untersuchungen von 3,5 bis 6 Stunden für die Untersuchungen im epidemiologischen Studienzentrum. Das Interesse an der eigenen Gesundheit, Neugierde und das Engagement für eine gute Sache sind die vordringlichen Motive für eine Teilnahme. Um den MRT-Probanden eventuelle Ängste zu nehmen, wurde ein spezielles Aufklärungsvideo entwickelt, das den Ablauf der Untersuchung darstelltund rund um das Thema MRT informiert. „Erst habe  ich schon ein bisschen Angst gehabt, wegen der Enge. Das Video war dann aber hilfreich, einfach um vorher schon mal genau zu sehen, wie das geht mit den Spulen und so“, berichtet MRT-Probandin Frau C. Und weiter: „Besonders gut hat mir das freundliche Personal gefallen, die haben sich sehr um mich gekümmert und immer wieder gefragt, ob auch alles in Ordnung ist.“ Die Ergebnisse werden in vielerlei Hinsicht höchste Relevanz für die Radiologie haben. Zum einen ist die Qualitätssicherung und Workflow-Standardisierung ein zentrales Thema, von welchem auch die klinische Versorgung umfangreich profitieren kann. Darüber hinaus werden evidenzbasierte Daten für die Wertigkeit der präventiven Bildgebung inklusive neuer „Imaging-Biomarker“ und umfangreiche Quer- und Längsschnittdaten generiert. Prof. Bamberg: „Unser Vorhaben ist in vielerlei Hinsicht bisher einzigartig und macht spezifische Lösungen erforderlich, insbesondere im Hinblick auf Datenverarbeitung, Qualitätssicherung und Umgang mit Zufallsergebnissen. Dies ist uns gelungen, indem wir im MR Imaging Core entsprechende Prozeduren entwickelt und implementiert haben. Da wir uns auf ziemlichen Neuland bewegen, werden die etablierten Algorithmen von unregelmäßig optimiert und angepasst.“
(c) Nationale Kohorte

veröffentlicht am Montag, 4. Mai 2015